Geflügel
Geflügel ist der Oberbegriff für alle Vogelarten, die als Nutztiere oder Haustiere gezüchtet werden und zum menschlichen Verzehr geeignet sind. Teilweise wird der Begriff synonym für Haus- oder Nutzgeflügel verwendet, manchmal schließt er auch Federwild, Wildvögel, die gezielt zum Verzehr gejagt werden, mit ein. Je nach Nutzung werden Vögel auch in Wirtschaftsgeflügel, Rassegeflügel und Ziergeflügel oder Fettgeflügel, Magergeflügel und Wildgeflügel unterschieden.
Vögel als Nutztiere und Haustiere
Der Mensch hält zahlreiche Vogelarten als Nutz- oder Haustiere. Der Verzehr von Geflügel erfüllt eine wichtige Rolle bei der menschlichen Ernährung, denn das Fleisch ist fettarm und liefert hochwertiges Protein. Die Nutzung einheimischer Vogelarten als Haustier nimmt in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert jedoch stark ab. Waren es in den 1980er Jahren noch sieben Millionen Ziervögel (ohne Tauben), sind es im Jahre 2018 4,8 Millionen. Diese Zahlen erfassen jedoch nur die durch den Zoofachhandel verkauften Tiere. Eine nicht unerhebliche Anzahl dürften durch Hobby-Vogelzüchter zusätzlich gezüchtet/vermehrt werden.
Zoologische Ordnung des Geflügels
Die meisten Geflügelarten gehören zu den Hühner- oder Gänsevögeln und damit zur Großgruppe der Galloanserae. Je nach Systematik werden auch Tauben mit eingeschlossen.
Galloanserae
Die Galloanserae sind neben den Neoaves eine von zwei Großgruppen der Neukiefervögel und beinhalten die namensgebenden Ordnungen der Hühnervögel (Galliformes) und Gänsevögel (Anseriformes) sowie ausgestorbene Gruppen, die mit ihnen näher verwandt sind als mit den Neoaves. Die Jungen der Galloanserae sind Nestflüchter. Gemeinsame Merkmale der Hühnervögel und Gänsevögel liegen im Schädel vor. Des Weiteren belegen DNA-Analysen die nahe Verwandtschaft beider Gruppen. Erste Belege für galloanserine Vögel stellen wahrscheinlich Skelettfunde der späten Kreidezeit dar. Im März 2020 beschrieben belgische Wissenschaftler einen taubengroßen 66,7 Millionen Jahre alten fossilen Vogel (Asteriornis maastrichtensis), der Merkmale von Gänsen und Hühnern zeigt.
Hühner
- Stubenküken (franz., engl. poussin), auch Mistkratzerle in Baden bzw. Mistkratzerli in der Schweiz genannt, sind laut Vermarktungsnorm Tiere von weniger als 650 g Schlachtgewicht (gewogen ohne Innereien, Kopf und Füße). Das Fleisch ist sehr zart und leicht gelblich. Es handelt sich ursprünglich um eine norddeutsche Bezeichnung kleiner Hähne mit einem Schlachtgewicht von 300 bis 500 g. Der Name kommt von der früheren bäuerlichen Haltungsform im Wohnbereich („Stube“) zum Schutz der Küken vor Kälte. Die Schlachtung erfolgt typischerweise nach 21 Tagen. Tiere mit einem Gewicht von 650 g bis 750 g dürfen „Stubenküken“ genannt werden, wenn das Schlachtalter 28 Tage nicht überschreitet.
- Hähnchen (in Bayern Hendl) sind – anders als der Name nahelegt – Hühner beiderlei Geschlechts mit einem Gewicht von 800 bis 1200 g. Die in der heute üblichen Mast eingesetzten Masthybriden sind auf sehr hohe tägliche Zunahmen gezüchtet und erreichen ihr Schlachtgewicht bereits nach 30–40 Tagen; bei langsam wachsenden Rassen (siehe Zweinutzungshuhn), die vor allem in der ökologischen Landwirtschaft eingesetzt werden, nach 72 Tagen. Schwerere und ältere Hähnchen werden auch Poularden oder Masthähnchen genannt.
- Poularden sind junge Masthühner, die mit sieben bis zwölf Wochen, also noch vor ihrer Geschlechtsreife, geschlachtet werden. Sie wiegen von 1200 bis über 3500 g. Maispoularden sind schwere (über 1200 g Verkaufsgewicht) Exemplare des Maishuhns. Ein Maishuhn ist ein Huhn, das überwiegend mit Mais gefüttert wurde. Haut und Fleisch der Maishühner sind gelblich.
- Kapaune sind gemästete, kastrierte Hähne mit einem Gewicht von 1500 bis 2000 g. In Deutschland werden sie kaum nachgefragt, sind aber in anderen Ländern aufgrund ihres besonderen Fleischgeschmacks beliebt.
- Legehennen sind Hybridhühner, die speziell auf das Legen von Eiern gezüchtet wurden. Es gibt überwiegend Zuchtlinien, die nur braune oder nur weiße Eier legen.
- Brathähne sind geschlechtsreife männliche Tiere, die im Handel kaum zu bekommen sind. Je älter die Tiere werden, desto zäher wird ihr Fleisch. Die Zubereitung ist entsprechend anspruchsvoll. Der Eigengeschmack ist intensiver als bei jüngeren Tieren und erinnert je nach Rasse an Wild. Ausgewachsene Tiere können 3500 g und mehr wiegen. Aus den Kämmen, Kehllappen, Hoden und weiteren Innereien lässt sich das bereits von Pellegrino Artusi beschriebene traditionelle italienische Gericht Cibreo herstellen.
- Suppenhühner sind meist 12 bis 15 Monate alte Legehennen, sie wiegen zwischen 1000 und 2000 g. Suppenhühner sind besonders aromatisch, müssen aber länger gekocht werden, gebraten ist ihr Fleisch zäh.
Puten
Das Truthuhn wird meistens als Pute, in der Schweiz als Trute bezeichnet.
- Baby-Puten werden Jungtiere von 2000 bis 3000 g genannt. Sie sind weniger aromatisch und saftig als ältere Tiere.
- Junge Puten sind etwa zehn Wochen alt und haben ein Schlachtgewicht von 3000 bis 4000 g.
- Puten oder Truthühner sind 15 bis 20 Wochen alt. Die Weibchen wiegen bis zu 12 kg, die Männchen bis zu 20 kg. Sie werden in Europa vorwiegend zerlegt oder weiterverarbeitet verkauft, in Nordamerika gerne an Thanksgiving am Stück zubereitet.
Gänse
- Frühmastgänse sind etwa 10 bis 12 Wochen alt und wiegen 2000 bis 3400 g.
- Junge Gänse sind etwa 9 Monate alt und wiegen 4000 bis 6000 g.
- Hafermastgänse können mehr als ein Jahr alt sein, werden aber selten angeboten. Sie wiegen oft über 6000 g.
- Weidegänse werden im Freien gehalten, wo sie sich von Gras, ergänzt um Getreide, ernähren. Dabei wird auf Maisfütterung verzichtet, um eine Fettleber zu vermeiden.
Enten
Hausenten können verschiedenen Rassen angehören. Die verbreitetste ist die Pekingente. Junge Enten werden nach zwei bis drei Monaten geschlachtet und wiegen etwa 1500 bis 2000 g. Nach sechs Monaten sind sie geschlechtsreif und wiegen bis zu 3500 g. Hausenten sind unter der Haut ziemlich fett.
Flugenten (Warzenenten) sind magerer und muskulöser als Hausenten. Sie werden im Alter von etwa vier Monaten geschlachtet, die Weibchen wiegen dann rund 3000 g, die Männchen 4000 bis 5000 g.
Mulardenenten stellen einen Gattungshybriden zwischen Warzen- und Pekingenten. Durch den Heterosis-Effekt sind diese Tiere sehr frohwüchsig und weisen hohe Tageszunahmen auf. Obwohl es männliche und weibliche Mulardenenten gibt, sind diese unfruchtbar.Perlhühner
Perlhühner
Perlhühner (Numididae) gehören zu den ersten Tieren die von Menschen domestiziert wurden. Mit dem Helmperlhuhn wurde eine ihrer Arten vom Menschen zum Haustier gemacht. Sie haben eine, für Hühnervögel, typische Gestalt. Gedrungener Körper, kurze Flügel, kräftige Beine und einen kleinen Kopf. Namensgebend sind die feinen weißen Punkte des Gefieders. Kopf und Hals sind unbefiedert jedoch sehr farbenfroh.
2014 wurde das Perlhuhn zur Geflügel-Rasse des Jahres ernannt!
Die aus Afrika stammenden Perlhühner erinnern im Geschmack an Fasan und können ebenso verwendet werden. Obwohl sie gezüchtet sind, gelten sie deshalb als Wildgeflügel. Junge Perlhühner werden im Alter von sechs Wochen mit etwa 600 g geschlachtet und können wie Rebhühner zubereitet werden. In der Regel werden dreimonatige Perlhühner mit einem Gewicht über 1000 g angeboten. Durch seinen sehr geringen Fettgehalt trocknet Perlhuhnfleisch leicht aus.
Auf dem Bild:
Eine Gruppe Helmperlhühner.
Wildgeflügel
Junge Fasane wiegen lebend etwa 700 bis 1300 g. Die Weibchen sind etwas leichter und von zarterem Fleisch. Das Brustbein junger Tiere ist elastisch und noch nicht verknöchert. Fasan sollte vor der Zubereitung drei Tage mit Federn abhängen, um seinen typischen Geschmack zu bekommen. Das Fleisch ist hell und von zartem Wildgeschmack. Die besten Fasane werden von November bis Dezember angeboten.
Rebhühner sind Wildgeflügel aus der Familie der Fasanenartigen. Sie sind nicht größer als Tauben, haben aber mehr Fleisch an den Schenkeln. Junge Tiere lassen sich an den zitronengelben Läufen und einem dunklen Schnabel erkennen. Das Fleisch ist dunkel und von kräftigem Wildgeschmack. Ältere Tiere mit grauen Läufen sollten geschmort oder zu Suppen verarbeitet werden.
Auf dem Bild:
Rebhühner (Perdix perdix)
Wachteln gehören zu den Feldhühnern und sind Zugvögel. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts werden sie gezüchtet. Sechs Wochen alte Wachteln wiegen etwa 100 bis 150 g, 40 % davon machen die Brustmuskeln aus. Durch ihr geringes Gewicht und ihren geringen Wasseranteil müssen sie beim Braten vorsichtig behandelt werden.
Der Auerhahn ist das größte europäische Federwild. Das Huhn wiegt bis zu 3 kg, der Hahn bis zu 6 kg, wobei der Hahn wegen seines an Terpentin erinnernden Geschmacks nur von wenigen geschätzt wird. Der Auerhahn ist in Westeuropa weitgehend ausgerottet, in Deutschland steht er auf der Roten Liste und darf nicht gejagt werden.
Das mit dem Auerhuhn nahe verwandte Birkhuhn ist etwas kleiner als das Haushuhn. Auch nach dem Abhängen bleiben die Keulen gewöhnlich zäh – sie werden daher meistens weggeworfen. Das Birkhuhn ist weitgehend geschützt und daher nur sehr selten erhältlich. |
Anderes Geflügel
Tauben
Die angebotenen Tauben sind Zuchtformen der Felsentaube. Sie werden nach etwa vier bis acht Wochen geschlachtet, ihr Gewicht liegt zwischen 350 und 1200 Gramm. Ihr Fleisch ist rötlich und aromatisch, der Geschmack erinnert leicht an Wild. In der industriellen Tierhaltung hat die Taube kaum Bedeutung, weshalb man geschlachtete Tiere fast ausschließlich von Hobbyzüchtern beziehen muss. Wem an einer wirtschaftlichen Rasse gelegen ist, ist mit Brief-, Hubble- und Kingtauben geholfen. Des Weiteren eignen sich insbesondere Rassen aus den Gruppen der Formentauben, Huhntauben und Farbentauben sowie ursprüngliche Kropftauben, sogenannte Bauernkröpfer.
Strauße
Schlachtreife Strauße wiegen 75 bis 100 kg mit einem Fleischanteil von knapp 50 %. Das dunkle Straußenfleisch erinnert in Aussehen und Geschmack an Rindfleisch; es ist sehr fettarm und hat einen nussigen Geschmack. Ober- und Unterkeulenstücke werden nach Zartheitsgrad sortiert und als Filet (sehr zart) und Steak (zart) angeboten. Da der Strauß ein flugunfähiger Laufvogel ist, besitzt er, anders als flugfähiges Geflügel, nur wenig Brustfleisch.
Geflügelprodukte
Die Geflügelproduktion erfolgt vor allem zur Gewinnung von tierischem Eiweiß in Form von Fleisch und Eiern (vor allem Hühner-, seltener auch Wachtel-, Enten- und Straußeneier). Genutzt werden auch die Federn einiger Arten (Gänsedaunen, Pfauenfedern, Straußenfedern), beim Strauß auch das Leder. Hühnereier dienen darüber hinaus zur Gewinnung von Impfstoffen.
Geflügelfleisch hat einen niedrigen Fettgehalt im Muskelgewebe und enthält wie andere Fleischarten Protein, Vitamine und Mineralstoffe. Wegen der häufigen Verunreinigung durch Salmonellen und Campylobacter sollte Geflügelfleisch stets durchgegart werden und während der Verarbeitung eine Kreuzkontamination vermieden werden.
Geflügelfleisch-Verbrauch
Rund 20 % des in der EU verzehrten Fleisches ist Geflügelfleisch (jährlicher Pro-Kopf-Verbrauch 2002: 13,3 kg). In Deutschland wurden 2018 pro Kopf 13,2 kg Geflügel verzehrt, bei einem Gesamtfleischverzehr von 60,1 kg.
Eier
Im Jahr 1950 legte ein Huhn durchschnittlich 120 Eier pro Jahr, 2015 waren es etwa 300. Die Hauptnutzung von Eiern durch den Menschen ist das Ei als Nahrungsmittel. Das weltweit bei weitem am meisten gebrauchte Vogelei ist das Hühnerei, das nicht nur als gekochtes Ei oder Rührei und als Zutat verschiedener Speisen, sondern auch in der Technik verwendet wurde und wird, z. B. in manchen Temperafarben oder historischem Mörtel.
Zur Produktion von Eiern werden in der Massentierhaltung Legehybride eingesetzt. Diese Legehennen sind durch die Hybridzucht (Kreuzung von zwei Inzuchtlinien) auf das Legen von Eiern optimiert und haben eine Legeleistung von mehr als 300 Eiern pro Jahr. Es werden jedoch auch männliche Küken ausgebrütet – deren Mast ist allerdings nicht wirtschaftlich (hierfür werden Masthybride verwendet). Die männlichen Eintagsküken werden daher nach dem Schlüpfen aussortiert und mit CO2 vergast oder geschreddert. Weltweit passiert dies mit ca. 2,5 Milliarden Küken (in Deutschland sind es ca. 40 Millionen) pro Jahr.
Uns ist eine artgerechte Hühnerhaltung und Eierproduktion im kleinen Stil sehr wichtig, deshalb halten wir in unserer Tier- & Pflanzenwelt ausschließlich Zweinutzungshühner. Solche Hühner legen Eier und setzen Fleisch an.
Siehe auch → Zweinutzungs-Geflügel
Wirtschaftsgeflügel
Als Wirtschaftsgeflügel wird in der Viehwirtschaft Geflügel zur Fleisch- und Ei-Erzeugung bezeichnet (→ Geflügelproduktion). Die Züchtung des Wirtschaftsgeflügels kann sowohl in Reinzucht als auch durch Kreuzungen erfolgen.
In der Geflügelmast und als Legehennen werden meist Hybridhühner eingesetzt. Im Ökolandbau wird vermehrt auch auf Zweinutzungsrassen mit erhöhten Produktionskosten für Fleisch und Ei zurückgegriffen.
Rassegeflügel
Rassegeflügel ist Geflügel, das nach einem festgelegten Rassestandard gezüchtet und nach vom Menschen festgelegten Schönheits- oder Leistungsmerkmalen selektiert wird. Zu ihm zählen Hühner (einschließlich der Zwerghühner), Tauben, Gänse, Enten, Puten und Perlhühner. Gelegentlich werden Gänse, Enten, Puten und Perlhühner auch zum Groß- und Wassergeflügel zusammengefasst.
Rassegeflügelzüchter sind meist in Zuchtverbänden organisiert, die sich dem Erhalt der verschiedenen Geflügel- und Taubenrassen verschrieben haben. Deutscher Dachverband ist der Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter (BDRG), der Mitglied im Europäischen Verband für Geflügel-, Tauben-, Vogel-, Kaninchen- und Caviazucht (EE) ist.
Siehe auch → Rassegeflügel
Ziergeflügel
Als Ziergeflügel bezeichnet man Geflügel, das nicht als Nutztier gezüchtet, sondern als Blickfang in Parks oder in Volieren gehalten wird. Das Ziergeflügel umfasst Arten der Hühnervögel (Galliformes), Taubenvögel (Columbiformes) und Gänsevögel (Anseriformes). In der Ziergeflügelzucht steht der Erhalt der von der Natur vorgegebenen Erscheinung des Tieres im Vordergrund. Ziergeflügel wird im Gegensatz zum Rassegeflügel nach Arten und nicht nach Rassen unterschieden. Mutationsformen verschiedener Arten des Ziergeflügels, wie die Weiße Lachtaube, werden gelegentlich ebenfalls gezüchtet; Pfau oder Wachtel werden manchmal zu den Haustieren gezählt. Dennoch ist Ziergeflügel kein Rassegeflügel.
Siehe auch → Ziergeflügel
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