Die Welt der Schildkröten
Schildkröten sind faszinierende und interessante Geschöpfe. Wir pflegen mehrere Arten von Sumpf-, Wasser,- und Landschildkröten und züchten einige davon regelmäßig nach. Alles Wissenswerte über die liebenswerten Panzerträger erfahrt ihr auf den folgenden Seiten. Die Schildkröten (Testudinata, bzw. Testudines) sind eine Ordnung der Sauropsida und erschienen erstmals vor mehr als 220 Millionen Jahren im Karnium (Obertrias). In der klassischen Systematik werden sie zu den Kriechtieren bzw. Reptilien gezählt.
Man unterscheidet derzeit 341 Arten mit über 200 Unterarten. Die Schildkröten haben sich den unterschiedlichsten Biotopen und ökologischen Nischen angepasst. Die Spanne reicht dabei von mediterranen Landschildkrötenarten, Gopher- oder Wüstenschildkröten und den besonders zahlreichen, kleineren Wasserschildkrötenarten in Nordamerika und Südostasien über groß werdende Fluss-Schildkröten in Südamerika, Riesenschildkröten auf einigen Inselgruppen, Weichschildkröten in Asien und Schlangenhalsschildkröten in Australien bis hin zu den größten, den Lederschildkröten, die neben den Meeresschildkröten eine eigene Familie bilden.
Schildkröten sind wechselwarme, eierlegende Kriechtiere. Die Anpassungsfähigkeit der Schildkröten hat ihr Fortbestehen bis in die heutige Zeit sichern können. Durch menschliche Einflüsse sind heute aber viele Arten akut gefährdet.
Auf dem Bild:
Die Fransenschildkröte oder Mata-Mata (Chelus fimbriata) ist eine bis zu 40 Zentimeter große, im Süßwasser lebende Schildkröte. Ihr Verbreitungsgebiet umfasst das nördliche und mittlere Amazonasbecken in Südamerika.
Verbreitung und Lebensraum
Mit Ausnahme der Polargebiete besiedeln Schildkröten alle Kontinente. Sie kommen in verschiedenen Landstrichen vor, in tropischen Wäldern und Sümpfen, in Wüsten und Halbwüsten, Seen, Tümpeln, Flüssen, in Brackwassergebieten und in Meeren, in gemäßigten, tropischen und subtropischen Klimazonen.
In Europa gibt es neben den Meeresschildkröten nur neun autochthone Arten, vier Land- und fünf Wasserschildkrötenarten. Deutschland, Österreich und die Schweiz beherbergen nur eine einzige einheimische Schildkrötenart, die Nominatform der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis orbicularis).
Schildkröten sind wechselwarm; ihre Körpertemperatur ist abhängig von der Außentemperatur. Diese beeinflusst auch ihre Aktivität. Bei warmem, sonnigem Wetter sind sie lebhaft und aktiv, bei kühlen Temperaturen nimmt ihre Aktivität markant ab.
Auf der Karte oben:
Verbreitung: Land-, Wasser- und Sumpfschildkröten (schwarz),
Meeresschildkröten (blau)
Land- oder Wasserschildkröte
Schildkröten leben sowohl an Land, als auch im Wasser und bewegen sich mit für Reptilien typischen schlängelnden Bewegungen fort, wobei der Panzer an Land in der Luft getragen wird. Diese Art der Fortbewegung senkt den Energiebedarf bei der Bewegung im Wasser, wirkt aber an Land zuweilen unbeholfen. Lediglich Meeresschildkröten haben eine für Reptilien einmalige Methode der Fortbewegung entwickelt. Sie schlagen die vorderen Gliedmaßen, die sich zu Flossen geformt haben, auf und ab. Auf diese Weise erreichen sie bei optimiertem Energiebedarf hohe Geschwindigkeiten unter Wasser, was ihnen das Zurücklegen auch längerer Strecken ermöglicht. Auch die Gliedmaßen von Landschildkröten bzw. Süß- und Brackwasserschildkröten sind an den jeweiligen Lebensraum angepasst. So lässt sich in den meisten Fällen die Bindung an das Wasser am Vorhandensein und der Ausprägung von Schwimmhäuten vor allem an den hinteren Extremitäten feststellen. Die Beine von Schildkröten, welche heiße Steppengebiete bewohnen, sind dagegen säulenförmig und ringsherum gegen Verletzung und Austrocknung durch starke Hornschuppen geschützt
Äußere Systematik
Die korrekte systematische Stellung der Schildkröten innerhalb der Reptilien wird kontrovers diskutiert. Da die Schildkröten keine Schädelfenster haben, werden sie traditionell zusammen mit einigen ausgestorbenen Reptilientaxa in die Anapsida gestellt. Demnach wären sie die Schwestergruppe der Pareiasauria oder aus diesen hervorgegangen. Dagegen vertreten einige Wissenschaftler die Ansicht, dass die Schildkröten die Schädelfenster sekundär wieder verloren haben und somit zu den Diapsida gehören. Die Vertreter dieser Hypothese sind sich aber uneinig, ob die Schildkröten näher mit den Archosauria (dazu gehören die Krokodile, Dinosaurier und Vögel) oder mit den Lepidosauria (Echsen und Schlangen) verwandt sind. Nach der Archosauria-Hypothese gehören die Schildkröten zu den Archosauromorpha und wären wahrscheinlich die Schwestergruppe der Rhynchosauria. Die Anhänger der Lepidosauria-Theorie vermuten einen marinen Ursprung der Schildkröten und sehen sie als Schwestergruppe der Sauropterygia, eine Gruppe großer mariner Reptilien aus dem Mesozoikum, die zusammen mit den Lepidosauria das Taxon Lepidosauromorpha bilden.
2008 wurde Odontochelys semitestacea wissenschaftlich beschrieben, die älteste bis dahin bekannte Schildkröte. Die fossilen Überreste dieses im Meer lebenden, etwa 40 Zentimeter langen Tieres wurden in der Provinz Guizhou in der Volksrepublik China gefunden. Odontochelys besaß Zähne in Ober- und Unterkiefer und hatte keinen Rücken-, sondern nur einen Bauchpanzer. Durch die im Juni 2015 veröffentlichte Beschreibung von Pappochelys, einem ursprünglichen Verwandten aus der Stammgruppe der Schildkröten, wird die Theorie, dass die Schildkröten zu den Diapsida gehören, weiter untermauert. Pappochelys hatte einen vollkommen diapsiden Schädelbau (oberes und unteres Schläfenfenster) und belegt, dass der Schildkrötenpanzer weitgehend aus bereits vorher existierenden Skelettelementen entstanden ist: der Rückenpanzer aus verbreiterten Rippen, der Bauchpanzer aus verschmolzenen Gastralia („Bauchrippen“).
Innere Systematik
Im Folgenden wird die Systematik der Schildkröten nach der Reptile Database wiedergegeben:
Halsberger-Schildkröten (Cryptodira)
Die Halsberger-Schildkröten, die sich während des Jura vor 180 Mio. Jahren zu entwickeln begannen, können ihren Kopf in den Panzer zurückziehen. Die Halswirbel dieser Tiere sind zu diesem Zweck speziell geformt, damit sich das Rückgrat S-förmig krümmen kann. Sie sind mit elf Familien vertreten.
→ Verlinkungen zu Wikipedia
- Überfamilie Chelonioidea
- Meeresschildkröten (Cheloniidae)
- Lederschildkröten (Dermochelyidae)
- Protostegidae †
- Überfamilie Chelydroidea
- Alligatorschildkröten (Chelydridae)
- Tabascoschildkröten (Dermatemydidae)
- Schlammschildkröten (Kinosternidae)
- Überfamilie Testudinoidea
- Neuwelt-Sumpfschildkröten (Emydidae)
- Altwelt-Sumpfschildkröten (Geoemydidae)
- Landschildkröten (Testudinidae)
- Großkopfschildkröte (Platysternidae)
- Überfamilie Trionychoidea
- Weichschildkröten (Trionychidae)
- Papua-Weichschildkröten (Carettochelyidae)
Halswender-Schildkröten (Pleurodira)
Bei den Halswender-Schildkröten, die mit drei Familien existieren, handelt es sich um die entwicklungsgeschichtlich jüngere Unterordnung, da sie erst in der Kreide erschien. Sie können ihren Kopf nicht wie die Cryptodira einziehen, sondern legen ihn durch eine horizontale S-förmige Bewegung seitlich unter den Panzer.
→ Verlinkungen zu Wikipedia
- Schlangenhalsschildkröten (Chelidae)
- Überfamilie Pelomedusoidea
- Pelomedusenschildkröten (Pelomedusidae)
- Podocnemididae
Auf dem Bild:
Skelett von Proganochelys quenstedti im American Museum of Natural History
Mögliches Höchstalter
Schildkröten können ein sehr hohes Alter erreichen. Das Geburtsjahr der Galápagos-Riesenschildkröte (Geochelone nigra) Harriet, die im Australia Zoo lebte und am 23. Juni 2006 verstarb, wird auf 1830 geschätzt, womit sie mindestens 176 Jahre alt geworden ist. Amerikanische Dosenschildkröten (Terrapene) sollen weit über 100 Jahre alt werden können und Meeresschildkröten (Cheloniidae) leben wahrscheinlich 75 Jahre oder mehr. Bei guter Pflege werden als Haustier gehaltene Schmuckschildkröten 40 Jahre und älter. Zu den ältesten Individuen gehörte auch Timothy, eine weibliche Maurische Landschildkröte (Testudo graeca). Das ehemalige Maskottchen der britischen Marine wurde 160 Jahre alt, obwohl sie die ersten 40 Jahre ihres Lebens an Bord eines Kriegsschiffes vermutlich nicht artgerecht gehalten wurde. Im Gegensatz zum potenziellen Höchstalter steht die durchschnittliche Lebenserwartung der meisten Schildkrötenarten unter natürlichen Bedingungen, die meist deutlich niedriger ausfällt. Für die Griechische Landschildkröte (Testudo hermanni) beträgt sie in der Natur nur etwa 10 Jahre ab der Geschlechtsreife.
Beispiele für besonders alte Schildkröten waren:
(Angaben meist nicht belegbar)
- Adwaita
(* um 1750 (?); † 22. März 2006), 256 Jahre - Tuʻi Malila
(* um 1773 oder 1777; † 19. Mai 1965), 188 oder 192 Jahre - Harriet
(* um 1830; † 23. Juni 2006), 176 Jahre - Jonathan
(* um 1832) - Timothy
(* um 1844; † 4. April 2004), 160 Jahre
Größenunterschiede
Neben vielen Arten, die nur 10 bis 50 Zentimeter groß werden, wie z. B. Vertreter der Gattungen Testudo, Emys und Mauremys, finden sich auch die Riesenschildkröten auf den Galápagos-Inseln (Geochelone nigra) bzw. den Seychellen (Dipsochelys dussumieri), die eine Panzerlänge von über einem Meter erreichen. Noch wesentlich größere Panzerlängen erreichen Meeresschildkröten sowie die beinahe ausgestorbene Hoan-Kiem-See-Riesenweichschildkröte. Als größte Art gilt die Lederschildkröte Dermochelys coriacea mit bis zu 250 cm Panzerlänge und 900 kg Gewicht.
Die kleinsten Schildkröten sind die Männchen der Gesägten Flachschildkröte Homopus signatus aus Südafrika mit einer Rückenpanzerlänge von durchschnittlich ca. 7,5 cm und einem Gewicht von ca. 70 g. Größenangaben bei Schildkröten beziehen sich im Normalfall auf die Rückenpanzerlänge ohne Kopf, Beine und Schwanz. Gemessen wird im Stockmaß, also gerade entlang der Längsachse mit Hilfe einer Schiebelehre und nicht mit dem Bandmaß über dem Panzerbogen.
Landschildkröten-Galerie:
In dieser Galerie zeigen wir Bilder von Schildkröten und deren Gehege in Zoos, Tierparks und anderen Haltungen.
Gehege für Spornschildkröten im Zoo Salzburg.
Die Spornschildkröte (Centrochelys sulcata) gehört innerhalb der Familie der Landschildkröten (Testudinidae) zur Gattung Centrochelys, früher wurde sie zur Gattung Geochelone gezählt.
Spornschildkröten sind nach den Galápagos-Riesenschildkröten (Chelonoidis nigra) und den Seychellen-Riesenschildkröten der Gattung (Dipsochelys) die drittgrößten lebenden Landschildkröten und erreichen eine Rückenpanzerlänge von ungefähr 80 cm, sowie ein Gewicht von über 80 kg.
Spornschildkröten besiedeln ein trockenes Verbreitungsgebiet mit spärlicher Vegetation im nördlichen Zentralafrika, das sich wie ein schmales Band über 8000 km vom Atlantik bis zum Roten Meer zieht. Bislang sind keine Unterarten beschrieben.
Spornschildkröten bei der Nahrungsaufnahme, aufgenommen im Zoo Salzburg.
Wasserschildkröten-Galerie:
Verschiedene Schmuckschildkröten beim Sonnenbad im Zoo Salzburg.
Verschiedene Schmuckschildkröten beim Sonnenbad im Zoo Salzburg.
Verschiedene Schmuckschildkröten beim Sonnenbad im Zoo Salzburg.
Verschiedene Schmuckschildkröten beim Sonnenbad im Zoo Salzburg.
Verschiedene Schmuckschildkröten beim Sonnenbad im Zoo Salzburg.
Schmuckschildkröte beim Sonnenbad im Zoo Salzburg.
Verschiedene Schmuckschildkröten beim Sonnenbad im Zoo Salzburg.
Verschiedene Schmuckschildkröten beim Sonnenbad im Zoo Salzburg.
Hier leben sie gemeinsam mit Capybaras (Wasserschweinen).
Leider ein häufiges Bild: Ausgesetzte Schmuckschildkröten tragen zur Faunenverfälschung bei und stellen eine Bedrohung für heimische Arten, vor allem für Amphibien dar.
Schmuckschildkröten im Botanischen Garten München.
Schmuckschildkröten im Botanischen Garten München.
Gelbwangen-Schmuckschildkröte (links) und Rotwangen-Schmuckschildkröte (rechts) im Botanischen Garten München.
Schmuckschildkröten im Botanischen Garten München.
Schmuckschildkröten im Botanischen Garten München.
Schmuckschildkröten im Botanischen Garten München.
Rotbauch-Spitzkopfschildkröte (Emydura subglobosa) im Zoo Salzburg
Rotbauch-Spitzkopfschildkröte (Emydura subglobosa) im Zoo Salzburg
Höckerschildkröte (Graptemys sp.) im Zoo Salzburg
Rotbauch-Spitzkopfschildkröte (Emydura subglobosa) im Zoo Salzburg
Welt-Schildkröten-Tag am 23. Mai
Schildkröten leben seit über 220 Millionen Jahren auf der Erde, haben die Dinosaurier überlebt und konnten sich bis jetzt allen Umweltsituationen und Veränderungen anpassen. Es gibt 327 Arten, mit über 200 Unterarten. Schildkröten können über 100 Jahre alt werden und leben fast überall auf der Erde. Einzig die Polarregion bietet keinen passenden Lebensraum für diese Tiere. Allein dem Menschen ist es zu verdanken, dass viele Schildkrötenarten vom Aussterben bedroht sind, denn sie haben nur wenige natürliche Fressfeinde. Was sie jedoch seit dem Jahr 2000 haben, ist ein eigener Aktionstag, der die nahende Katastrophe abwenden soll. Aber Tierschutz braucht Menschen, die sich dafür interessieren und sich einsetzen. Jährlich am 23. Mai findet der Welt-Schildkröten-Tag (englisch World-Turtle-Day) statt. An diesem Aktionstag wollen die Initiatoren American Tortoise Resuce und die Humane Society oft the United State auf das weltweite Verschwinden vieler Schildkröten – Populationen aufmerksam machen.
Was ist die AG Schildkröten?
Die Arbeitsgemeinschaft Schildkröten ist mit über 600 Mitgliedern die größte Untergruppierung innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT). Ziele der Arbeitsgemeinschaft sind vor allem die artgerechte Haltung und regelmäßige Nachzucht von Schildkröten in menschlicher Obhut als aktiver Beitrag der AG zum Natur- und Artenschutz. Genauso wichtig wie die Ermittlung und Veröffentlichung erfolgreicher Haltungs- und Zuchtstrategien ist die Erforschung des Lebensraums der Pfleglinge. Für eine Reihe von Arten liegen nach wie vor nur spärliche Informationen aus dem Freiland vor. Auch hier sieht die AG Schildkröten eine Möglichkeit durch das Publizieren von Beobachtungen zu Verhalten, Wachstum und Reproduktion einen Beitrag zur Wissenschaft und dadurch zur Arterhaltung zu leisten.
Die AG Schildkröten der DGHT bietet verschiedene Wege der Kontaktaufnahme zu Gleichgesinnten und des Erfahrungsaustausches. Dazu zählen unter Anderem eine dreitägige Jahrestagung im Frühjahr und verschiedene ein- bis zweitägige regionale Workshops. Viermal im Jahr erscheint die RADIATA, das Publikationsorgan der DGHT-AG Schildkröten – wahlweise in Englisch oder Deutsch – mit einer Gesamtauflage von 1300 Exemplaren.
Die AG Schildkröten erstellt jährlich (anonymisierte) Nachzuchtstatistiken, an denen sich Mitglieder beteiligen können und sollen. Weiterhin findet man in der AG kompetente Ansprechpartner, wenn man sich für spezielle Gruppen oder Arten von Schildkröten interessiert. Einige dafür gebildete Arbeitskreise laden Spezialisten und Interessenten ein, sich aktiv am Austausch über die favorisierten Arten oder Gattungen zu beteiligen und das Wissen über jene Gruppen zu erweitern.
Mitglieder der DGHT und der DGHT-AG Schildkröten haben die Möglichkeit vierteljährlich die Zeitschrift RADIATA zu beziehen.
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