Fische im Meerwasser-Aquarium

Auf dem Bild:

Ein wunderschön gefärbter Fahnenbarsch (Pseudanthias pleurotaenia)

Auf dem Bild:
Korallenriff-Aquarium mit einem bunten Fischbesatz

Auf den folgenden Seiten stellen wir viele Familien und Ordnungen von Meeresfischen vor, von denen die meisten Arten mehr oder weniger häufig in Meerwasseraquarien gehalten werden und sich je nach individuellen Pflege- und Haltungsansprüchen auch mehr oder weniger gut für eine Aquarienhaltung eignen.

Zwerg-Kaiserfisch (Centropyge bispinosa)

Königs-Feenbarsch (Gramma loreto)

Kuh-Kofferfisch (Lactoria cornuta)

Rotfeuerfisch (Pterois volitans)

Ein Verwandter des Seepferdchens, der Fetzenfich (Phycodurus eques)

Korallenfische

Zu den am häufigsten in Meerwasseraquarien gehaltenen Fischen zählen zweifelsohne die sogenannten Korallenfische.
Als Korallenfische werden Fische bezeichnet, die eng an Korallenriffe gebunden leben. Es ist eine ökologische Klassifizierung, keine Bezeichnung der biologischen Systematik. Die Tiere müssen nicht miteinander verwandt sein.


Korallenfische können zum Beispiel von Korallenpolypen leben. 
Das trifft besonders auf Arten der folgenden Familien zu:

  • Falterfische (Chaetodontidae)
  • Feilenfische (Monacanthidae)


Andere benutzen die verzweigten Steinkorallen als Zufluchtsraum. 
Dazu gehören Arten der folgenden Familien:

  • Fahnenbarsche (Anthiadinae)
  • Riffbarsche (Pomacentridae)
  • Zwergbarsche (Pseudochromidae)
  • Büschelbarsche oder Korallenwächter (Cirrhitidae)
  • Grundeln (Gobiidae)
  • Pelzgroppen (Caracanthidae)

Fahnenbarsche (Pseudanthias squamipinnis) und Schwalbenschwänzchen (Chromis viridis) im Roten Meer

Schwarm von Fahnenbarschen im Ras Muhammad-Nationalpark, Ägypten.

Bildnachweis: Diego Delso, delso.photo, License CC-BY-SA

Fahnenbarsche und Schwalbenschwänzchen am Gota Abu Ghusur Reef (Rotes Meer, Ägypten)

Riffsichere Fische

Riffsichere Fische fressen keine Korallen oder Wirbellosen, während als nicht sicher eingestufte Fischarten dies sehr wohl tun. Bei den, als riffsicher geltenden Arten gibt es in der Regel keine Probleme bei der Haltung im Korallenriff-Aquarium im Bezug auf Schädigung von Korallen, insbesondere von Korallenpolypen. Ausnahmen bestätigen jedoch, wie immer, die Regel.  

Es kann sowohl bei riffsicheren als auch bei nicht riffsicheren Arten, innerhalb ein und derselben Art Individuen geben, die Wirbellose oder Korallen schädigen oder eben unbehelligt lassen. Bei riffsicheren Arten, wie beispielsweise vielen Doktorfischarten kommt es äußerst selten zu korallenschädigendem Verhalten. Bei typischen Korallenfressern, wie vielen Falter- und Kaiserfischarten ist es hingegen die Ausnahme, wenn Korallenpolypen nicht auf dem Speiseplan stehen.

Der Pinzettfisch (Chelmon rostratus) ist wohl einer von wenigen Falterfischen, die als riffsicher angesehen werden können. Er wird häufig gegen Glasrosenplagen eingesetzt, kann sich aber in seltenen Fällen an Korallenpolypen vergreifen.
Bildnachweis: Luc Viatour / https://Lucnix.be

Doktorfische, wie der Gelbe Hawaii-Doktorfisch (Zebrasoma flavescens) sind aufgrund ihrer überwiegend pflanzlichen Ernährungsweise, in der Regel, äußerst riffsichere Fische.

Systematik der Fische

Im engeren Sinne sind Fische die nicht zu den Landwirbeltieren gehörenden Kiefermäuler. Unter den heute lebenden Tiergruppen zählen hierzu die:

  • Knorpelfische 
    mit den fast ausschließlich im Meer lebenden Haien, Rochen und Seekatzen;
  • Knochenfische 
    im weiteren Sinne, zusammengesetzt aus Fleischflossern und Strahlenflossern.
    Die Fleischflosser umfassen die marinen Quastenflosser und die im Süßwasser der Südhemisphäre lebenden Lungenfische. 
    Die Strahlenflosser schließen alle übrigen Fischgruppen mit ein, darunter auch alle europäischen Süßwasserfische.


Weitere zu den Kiefermäulern gehörende Fischtaxa, sind nur fossil überliefert und seit dem Erdaltertum ausgestorben.

Auf dem Bild:
Walhai im Georgia Aquarium (USA).
Walhaie gehören zu den Knorpelfischen und sind die größten Fische der Erde.

Evolution und Artenvielfalt

Die ältesten bekannten kieferlosen Fischartigen (z. B. die Pteraspidomorphi) stammen aus dem frühen Ordovizium vor rund 450–470 Millionen Jahren. Die Knorpelfische tauchen ab Grenze Silur/Devon vor etwa 420 Millionen Jahren auf. Knochenfische gibt es im Meer seit dem Devon, sie begannen ihre Entwicklung aber möglicherweise auch schon im Silur.

Etwas über die Hälfte aller lebenden Wirbeltierarten, nämlich derzeit rund 32.500 Arten, gehören zu den „Fischen“. Die Zahl anerkannter (sogenannter „valider“) Arten ändert sich einerseits wegen zahlreicher Neuentdeckungen, andererseits infolge kontinuierlicher taxonomischer Revisionen einzelner Fischgruppen. Die überwiegende Zahl der Fischarten sind Salzwasserfische.

Auf dem Bild:
Fossiler Fisch (Diplomystus dentatus) aus dem Unteren Eozän
(Green River Formation, südwestliches Wyoming, USA)

Nachzuchten in der Meerwasseraquaristik

Im Vergleich zu Wildfängen gelten Nachzuchtfische als eine nachhaltigere Alternative. Die Züchter werben damit, dass die Entscheidung für nachgezüchtete Fische die Naturentnahmen reduziert, die Korallenriffe schont und außerdem vermieden wird, dass die Tiere über weite Strecken transportiert werden müssen. Bei immer mehr Arten ist die Zucht mittlerweile möglich, so dass Aquarianer sich immer öfter für eine Alternative zum Wildfang entscheiden können, wenn sie faszinierende Fische und andere Bewohner für das Meerwasseraquarium kaufen wollen.

Auf dem Bild:
Zwei Gelbe Hawaii-Doktorfische (Zebrasoma flavescens)

Die Nachzucht dieser Doktorfische gelang erstmals 2015.


Hobby-Zuchten

Die technische Seite ist bei der Nachzucht von Meeresorganismen heut­zutage ein eher untergeordnetes Problem. In den letzten 50 Jahren hat in dieser Hinsicht eine wahre Revolution stattgefunden. Selbst private Liebhaber mit vergleichsweise kleinen Aquarien – also Becken mit einem Volumen zwischen 100 und 500 Litern – können heutzutage die überwältigende Mehrzahl der sogenannten sessilen Wirbellosen nicht daran hindern, dermaßen gut zu wachsen, dass sie ihre Bestände regelmäßig ausdünnen müssen. Leder- und Steinkorallen sind dabei die am häufigsten gepflegten Arten. Die beim Zurückschneiden anfallenden Ableger werden zwar unter Freunden weitergegeben, aber eine wirkliche Handelsrelevanz haben diese Liebhabernachzuchten nicht. Sie dienen, genau wie die Hobbynachzuchten von Süßwasserfischen oder -pflanzen, eher der Bestandserhaltung von für den breit aufgestellten Handel weniger attraktiven Arten und der Grundlagenforschung für Arterhaltungsprojekte.
Es ist eine romantische, aber falsche Vorstellung, die Vermehrung von solchen Tieren diene direkt dem Artenschutz. Das stimmt genau so wenig, wie der Wildfang zum Zwecke der Aquarienpflege irgend welche Arten gefährdet. Zucht und Vermehrung von Aquarien- und Terrarientieren machen Spaß und führen zu Erkenntnisgewinn, das ist ihr tieferer Sinn. Zusätzlich bessert der Verkauf von Nachzuchten die Hobbykasse auf, das ist völlig legitim und in keinster Weise anrüchig. Der Zoofachhandel spürt diese Privatkäufe nicht. Das ist wie der private Schrebergarten im Vergleich zum Supermarkt.
 

Indirekt ist aber die private Nachzucht von Tieren und Pflanzen selbstverständlich angewandter Arten­schutz. Denn man kann nur solche Arten schützen, die man auch kennt und für die in einer breiteren Öffentlichkeit Interesse geweckt werden kann.
Preussenfische, Dascyllus melanurus, laichten bereits in den 1930er Jahren im Aquarium, doch gelang die Aufzucht nicht. Heutzutage werden sie kaum noch im Aquarium gepflegt, sie gelten als zu farblos. 

Kommerzielle Nachzuchten

Ganz grundsätzlich, es wurde bereits erwähnt, stehen der Nachzucht von Meerestieren in technischer Hinsicht keine unüberwindbaren Hürden mehr im Wege. Bei den Korallen waren es übrigens die Aquarianer, die durch unermüdliches Probieren und hartnäckige Pflegeversuche herausfanden, wie es geht. Man vergesse nie, noch in den 1980er Jahren galt es als unmöglich Steinkorallen auch nur einige Zeit im Aquarium am Leben zu erhalten, von Vermehrung ganz zu schweigen!
Steinkorallenableger aus kommerzieller Zucht.
Bei den Fischen war es hingegen eher die Aquakultur von Speisefischen, die die entscheidenden Durchbrüche entwickelte. Das beginnt bei der gezielten Gewinnung von Eiern und Spermien. Ein echter Aquarianer käme niemals auf den Gedanken, seine Fische mit Hormonspritzen dazu zu bringen, abzulaichen. Sein Ehrgeiz geht dahin, harmonisierende Paare zusammen zu führen und durch eine Optimierung der Pflegebedingungen die Voraussetzungen zu schaffen, die eine natürliche Vermehrung der Tiere ermöglichen.
Die kommerzielle Nachzucht von Pomacanthus asfur wird in Taiwan schon seit mehreren Jahren praktiziert.
Pomacanthus asfur-Nachzucht in Jugendfärbung
Der Berufszüchter sieht diese Dinge völlig anders. Er muss dann Eier und Spermien haben, wenn es die Produktionsbedingungen erfordern, unabhängig von Lust und Laune der Tiere oder irgend welchen Wetterkapriolen. Keine einzige Regenbogenforelle, die Sie zum Verzehr kaufen, hatte je natürlichen Sex, genauso wenig wie irgend ein anderer Fisch aus Aquakultur. Die Zuchttiere werden zwar unter optimalen Bedingungen gepflegt, erhalten jedoch, wenn Laich benötigt wird, Hormoninjektionen, die die schnelle Reifung der Eier und der Spermien auslösen. Bei Fischen sind in aller Regel Eierstöcke und Hoden ständig funktionsbereit. Korallenfische laichen zum Beispiel ihr ganzes Leben lang, meist im Abstand von einigen Wochen. Oft ist das an Mondphasen und/oder an bestimmte Tidenereignisse gebunden. In Obhut des Menschen sind diese externen Faktoren aber bedeutungslos. Oft schon wenige Stunden, spätestens nach wenigen Tagen nach einer solchen Hormonin­jektion sind Eier und Spermien so reif, dass sie bei sanfter Massage des Bauches austreten. Der Laich wird “im Reagenzglas” befruchtet. Jeder Privat-Züchter, der schon einmal versucht hat, den pelagischen Laich seiner Zwergkaiserfische aus einem eingerichteten Aquarium für Aufzuchtversuche zu bergen, erkennt sofort den Vorteil dieser Methode! Brutpfleger, wie Anemonenfische, lässt man allerdings “natürlich” laichen.
Was dem Hobby-Aquarianer oft richtig Schwierigkeiten macht: Planktonkultur, mehrmals tägliches Füttern und Reinigen, viel Platz zum Wachsen, alle diese Dinge sind bei Berufszüchtern Alltagsroutine, es ist ja ihr Beruf, nicht ihr Hobby. Und so kann man heutzutage in der Tat zahlreiche Meeresfische in riesigen Mengen nachzüchten. Doch wozu? Hier liegt das Problem! Man braucht von den allermeisten Meeresfischen einfach keine riesigen Mengen! Wer, bitteschön, soll denn Monat für Monat (der Züchter muss ja seine Rechnungen und seinen Leuten den Lohn bezahlen) zehntausen­de Exemplare einer einzigen Fischart brauchen? In dieser Frage liegt die wirkliche Schwierigkeit in der kommerziellen Nachzucht von Korallenfischen. Die Antwort lautet nämlich: niemand! Auch darum sind die Vorwürfe von Tierhaltungsgegnern gegen die Meeresaquarianer aus “Artenschutzgründen” nämlich in letzter Konsequenz haltlos.

Ausweg aus dem Dilemma
Tatsache ist jedoch, dass es kommerzielle Nachzuchten von Korallenfischen für die Aquarienpflege gibt. Wie das? Widerspricht das nicht dem oben gesagten? Nur auf den ersten Blick. Die Züchter haben einen Ausweg gefunden, und der heißt Mischkultur. Statt, wie in der Speisefischproduktion, durch Spezialisierung das Maximum aus einer Art herauszuholen, züchtet man vergleichsweise kleine Mengen von mehreren Arten. Damit tritt man allerdings in Konkurrenz mit den Zierfischfängern, die davon leben, Wildfänge zu vermarkten. Die­se Konkurrenz ist aus vielen Gründen nicht wünschenswert.
Kardinalsgarnelen, Lysmata debelius, kopfunter in einer Höhle. Die Art wird schon viele Jahre nachgezüchtet.
Schon wieder eine unlösbare Zwickmühle? Jein. Denn wie man bereits aus der Zucht von Süßwasserzierfischen weiß, treten in menschlicher Obhut sehr schnell Farbmutationen auf, also Tiere, die anders gefärbt sind als ihre freilebenden Artgenossen.
Amphiprion percula, Clownfisch-Zuchtform “Da Vinci”, vor einer Nachzucht-Steinkoralle

Jede Menge Zuchtformen
Zusätzlich kann man etwas tun, was in der Natur ebenfalls vorkommt, jedoch nur selten: Arten kreuzen. In der Natur kreuzen sich nahe verwandte Arten relativ häufig, aber rein statistisch haben die daraus hervorgehenden Hybriden kaum eine Chance. Ein Pärchen Kaiserfische produziert im Laufe seines Lebens einige Millionen Nachkommen, aber nur zwei Exemplare davon werden im Durchschnitt wieder zu erwachsenen Laichfischen. Der Rest bleibt auf der Strecke. Darum findet man immer nur ganz vereinzelt Hybriden in freier Natur. Fast alle Korallenfische haben nämlich als einzige Fortpflanzungsstrategie “Masse statt Klasse”. Unter kontrollierten Bedingungen sieht das aber plötzlich ganz anders aus. Hier kann man aus einer einzigen Laichabgabe leicht hunderte solche Hybriden aufziehen.
Die Nachzucht des Fahnenbarsches Pseudanthias squamipinnis ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll. Liebhaber sollten sie aber trotzdem versuchen, denn sie führt zu Erkenntnisgewinn.
Hybriden und Zuchtformen sind also das Alltagsbrot der kommerziellen Korallenfischzüchter, ergänzt immer wieder mal durch Arten, bei denen die Nachfrage das Angebot übersteigt. Das können Arten aus abgelegenen Fanggebieten sein oder Arten, deren Export aufgrund der politischen Situation im Herkunftsland nicht möglich ist. Man kann das bedauern. Vielen Aquarianern stellen sich die Na­ckenhaare bei der Vorstellung, man sei in Zukunft nur noch auf solche Kunstprodukte angewiesen. Aber das ist man ja nicht. Bei Gartenpflanzen macht sich niemand solche Gedanken. Die Wildformen fast aller unserer Gartenblumen sind seltene Raritäten in botanischen Gärten oder bei spezialisierten Sammlern. Die breite Masse der Gartenliebhaber stört es aber überhaupt nicht, nur mit Zuchtformen oder Auslesen bedient zu werden.
Goldstirn-Brunnenbauer (Opistognathus aurifrons), ein Maulbrüter den auch Privat-Aquarianer gut nachzüchten können.

Die Mischung macht´s
Man kann als Aquarianer nur hoffen, dass der Wildfang von Korallenfischen auch weiterhin erhalten bleibt. Er sorgt für ein nachhaltiges Einkommen der lokalen Fischer, welche aktiv die Lebensräume der Fische schützen, von denen sie leben. Der Artenschutz ist vom Zierfischfang nicht betroffen, dazu sind fast alle Arten viel zu weiträumig verbreitet. Frei gewordene Reviere werden schnell wieder besetzt. Da hauptsächlich Jungtiere für die Aquarienhaltung gefangen werden, hat diese Fischerei keinen spürbaren Einfluss auf die natürlichen Bestände. Aber ich begrüße es auch, dass Aquarianer, die mit weniger wissenschaftlichem Anspruch an ihr Hobby herangehen und “nur” einen bunten Ausschnitt des Meeres wie einen Garten hegen und pflegen wollen, auf Nachzuchtfische zurückgreifen können. Schließlich gibt es in der Aquarienkunde ebenso wenig nur eine mögliche Sicht auf die Dinge wie in jedem anderen Bereich des Lebens. 

Auf dem Bild:

Aalgrundel (Pholidichthys leucotaenia

Die Aalgrundel lässt sich ebenfalls relativ leicht züchten.

Fisch-Nachzuchten

Amphiprion percula
Premnas epigrammata

Die Clownfische waren die ersten Korallenfische, die überhaupt unter Aquarienbedingungen regelmäßig nachgezüchtet werden konnten. Das war in den frühen 1960er Jahren. Mittlerweile gibt es von ihnen sehr viele Zuchtformen. Welcher ursprünglichen natürlichen Art sie angehören, ist nicht immer einwandfrei zu sagen. Das Artenpaar Amphprion percula und A. ocellaris unterscheidet sich nur in wenigen Farbdetails, die aber bei den Zuchtformen nicht mehr erkennbar sind. Es ist auch möglich, dass manche dieser Zuchtformen mit Hybriden erzielt wurden. Einige der neuesten Zuchtformen sehen bezüglich der Körperform Premnas biaculeatus / P. epigrammata sehr ähnlich.
Amphiprion percula „Platinum“
Auch Zuchtformen erhalten Namen, anders kann man sie nicht vermarkten. Diese “Sortennamen” werden in Anführungsstrichen geschrieben und haben keinen wissenschaftlichen Wert, sie unterliegen auch keinen Regeln oder Copyrights. Es liegt in der Natur der Dinge, dass Zuchtformen nicht einheitlich aussehen, man kann in aller Regel jedes Individuum anhand von Farbmerkmalen erkennen. Es liegt dabei im Entscheidungsbereich der Käufer, welche Farbgebung in welcher Ausprägung als schön oder weniger schön empfunden wird, auch wenn die Züchter immer versuchen werden, ihren eigenen Zuchtehrgeiz in den Tieren verwirklicht zu sehen.

Auf dem Bild:
Clownfisch (Amphiprion ocellaris).
Anemonenfische, wie der Falsche Clownfisch, gehören zu den bekanntesten und am häufigsten in Meerwasseraquarien gehaltenen Fischarten.

Auf dem Bild:

Clownfische (Amphiprion percula).
Anemonenfische waren mitunter die ersten Meerwasserfische, die erfolgreich nachgezüchtet wurden. Heute gibt es von vielen Anemonenfischarten diverse Zuchtformen und Farbmorphen, häufig als "Designer-Clowns" bezeichnet. 

Platax batavianus

Fledermausfische waren zu Beginn der modernen Meeresaquaristik, also in den 1950er bis 1970er Jahren, sehr beliebt; damals pflegte man fast ausschließlich reine Fischaquarien. Dort konnte kräftig gefüttert werden und es machte auch nichts aus, wenn der Pflegling deutlich über die 20-cm-Marke hinauswuchs.
Heutzutage ist das anders, jetzt überwiegen eindeutig die Riffaquarien, in denen nur wenige, kleine Fische gepflegt werden, die nicht viel Futter brauchen, was die Wasserbelastung niedrig hält – den Korallen zuliebe.
Alle Fledermausfische werden groß, deutlich über 40 cm. Sie eignen sich darum nicht für kleine Riffbecken. Aber sie eignen sich für die Aquakultur zur Speisefischproduktion. Es sind bislang in der Literatur vor allem Platax orbicularis und P. teira zu diesem Zweck häufiger erwähnt; offenbar wird nun aber auch die weitaus seltenere Art P. batavianus gezüchtet. Als Jungtier ist sie wunderschön und sieht farblich dem Banggai-Kardinalbarsch sehr ähnlich; erwachsen ähnelt sie allerdings sehr stark P. orbicularis.

Auf dem Bild:
Juveniler Buckel-Fledermausfisch (Platax batavianus).

Rainfordia opercularis

Der Flachkopf-Zwergzackenbarsch gilt als eine der am wenigsten bekannten und seltensten Fischarten der Erde. Es wird gemunkelt, dass für ein einziges Exemplar dieser etwa 15 cm lang werdenden Art hohe 5-stellige Preise in US-Dollar gezahlt werden. Vermutich ist die Art, die bislang nur von der Australischen Küste (Western Australia und Queensland) aus Korallenriffen bekannt ist, aber nicht wirklich selten, sondern führt nur eine sehr versteckte Lebensweise – was aber an der Tatsache, dass sie kaum jemals in den Handel kommt, nichts ändert. Ich bin mir nicht sicher, ob das bei DeJong Marinelife auf der Interzoo zwischen Nachzuchten anderer Fische ausgestellte Exemplar wirklich eine Nachzucht ist (ich habe bei DeJong nachgefragt, aber leider keine Antwort erhalten). Undenkbar ist es aber nicht; wie jüngste Studien ergaben, ist Rainfordia opercularis ein engerer Verwandter von Liopropoma. Diese Zwergzackenbarsche haben schon häufiger im Aquarium abgelaicht. Anders als die großen Zackenbarsche sind Liopropoma keine protogynen oder funktionellen Zwitter, sondern jedes Tier ist entweder funktionelles Männchen oder funktionelles Weibchen, allerdings entwickeln sich die Männchen aus Zwittern. Die Chancen, mit dem Erwerb zweier Individuen ein späteres Paar zu erhalten, sind demnach groß. Auf jeden Fall war es eine Freude, auf der Interzoo eine solche zoologischen Rarität zu finden!

Auf dem Bild:
Rainfordia opercularis

Apolemichthys trimaculatus
Holacanthus ciliaris
Genicanthus personatus

Früher, vor 1980, galt die Pflege von Kaiserfischen als ganz hohe Schule der Aquaristik, u.a., weil diese Fische geradezu unverschämt teuer waren. Dann wurde die Pflege der Kaiserfische und der nahe mit ihnen verwandten Falterfische in Deutschland für viele Jahre generell verboten. Man begründete das mit dem abwegigen Argument des Artenschutzes. Abwegig deswegen, weil erheblich mehr Kaiserfische zu Speisezwecken gefangen wurden und werden, als für die Aquaristik. Das Haltungsverbot wurde schließlich aufgehoben, weil es nicht mit EU-Recht zu vereinbaren war. Die Aquarianer hatten in der Zwischenzeit aber andere Arten für sich entdeckt. Die Nachfrage nach Großkaisern, die länger als 15 cm werden, ist daher mäßig, jedenfalls in Deutschland. Aber weltweit sieht das wohl anders aus, denn sonst hätte man sicher nicht so viele Arten im Programm. Es begann, wie so oft, in Asien. Bedingt durch den Golfkrieg und andere politische Katastrophen in den Anliegerstaaten des Roten Meeres war der Export von Rotmeer-Fischen eine unsichere Angelegenheit geworden. So begann man, Pomacanthus asfur und P. maculosus in Taiwan zu züchten, wo diese Halbmond-Kaiser offenbar sehr begehrt sind.
Erwachsener Holacanthus ciliaris.
Die in Indonesien ansässige Firma Bali Aquarich bietet zwischenzeitlich eine ganze Menge Kaiserfischarten plus zwei Hybriden auf regulärer Basis an und – da kann man sicher sein – wo einer produziert, da finden sich auch noch andere, die ein Stück vom Kuchen wollen. Während es wohl nicht rentabel und auch nicht wirklich sinnvoll ist, weit verbreitete und häufige Arten wie den Kaiserfisch Pomacanthus imperator zu züchten, sieht das mit den karibisch-atlantischen Holacanthus-Arten ganz anders aus. Während der US-Markt wegen der kurzen und günstigen Transportwege gut mit diesen Arten versorgt ist, sind sie in Europa oft nur mit Schwierigkeiten erhältlich.
Nachzuchtexemplar von Holacanthus ciliaris in Jugendfärbung.
Ein wenig Schnappatmung kann man aber schon bekommen, wenn man erstmals eine Art wie Genicanthus personatus lebend vor sich sieht. Die Chancen, ein Meerwasseraquarianerleben zu leben, ohne diese Art je zu Gesicht bekommen zu haben, waren bis vor Kurzem noch sehr groß. Dabei ist G. personatus eine der ersten Kaiserfischarten, die überhaupt im Aquarium gezüchtet wurde. Das war im Waikiki-Aquarium. Für den Preis, der für ein Wildfang-Paar verlangt wurde, kann man einen Mittelklasse-Wagen kaufen! Aber ob diese Preise auch je bezahlt wurden, ist eine andere Frage…
Genicanthus personatus, Weibchen.
Wie auch immer: dieser rund 20 cm lang werdende Lyrakaiser ist eine Schönheit und könnte, wenn er regelmäßig erhältich und bezahlbar ist, zum Dauergast im Aquarium werden. Wie alle Lyrakaiser ist auch dieser ein protogyner Zwitter, d.h. alle Exemplare sind zunächst Weibchen (schwarz-weiß gefärbt) und erst im Alter wandeln sich einzelne Tiere zu Männchen um (gelb-weiß gefärbt).
Als Planktonfresser eignen sich Lyrakaiser recht gut für Riffaquarien, da sessile Wirbellose unbeachtet bleiben.

Holacanthus ciliaris
(Miami, Florida)

Apolemichthys trimaculatus

Genicanthus personatus
(Männchen)

Gramma dejongi
Dieser wunderschöne Feenbarsch wurde erst vor wenigen Jahren vor Kuba durch kommerzielle Zierfischimporte entdeckt und wissenschaftlich beschrieben. Die Art unterscheidet sich von dem bekannten Gramma loreto durch die Färbung, die geringere Größe (nur maximal 45 mm gegenüber dem fast doppelt so großen G. loreto) und in Verhaltens-Details.
Gramma loreto lässt sich recht leicht züchten, hat aber den Nachteil, dass er Dauerlaicher ist. Eine Zuchtgruppe von einem Männchen und einigen Weibchen liefert ständig Gelege, doch werden täglich nur wenige Eier gelegt, wodurch eine rationelle Aufzucht kaum möglich ist. Man hat ständig nur wenige Jungtiere unterschiedlichen Alters. Die Art ist Höhlenlaicher. Da der Königs-Feenbarsch, wie Gram­ma loreto auch genannt wird, in der Karibik ein häufiger und leicht zu fangender Fisch ist, beschäftigen sich eher Hobby-Züchter als Berufszüchter mit dem Fischchen. Übrigens: Wer sich für Details der Meerwasserfischzucht interessiert, der muss das Buch “Nachzuchten für das Korallenriff-Aquarium” lesen, worin Wolfgang Mai auch ausführlich die Zucht von Gramma loreto beschreibt.
Bei Gramma dejongi könnte im Gegensatz zu G. loreto auch eine kommerzielle Zucht interessant sein, denn G. dejongi kommt nur in einem begrenzten Gebiet in 20-30 Metern Tiefe vor. Der daraus resultierende höhere Preis könnte eine Zucht auch in kleinem Maßstab lohnend machen.

Auf dem Bild:
Gramma dejongi

Zusammenfassend kann man sagen, dass die kommerzielle Nachtzucht von Korallenfischen heute kaum noch ein technisches Problem ist, sondern dass die Hauptschwierigkeit in den zu kleinen Absatzmärkten liegt. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, müssen von den Korallenfischnachzuchten jeden Monat große Stückzahlen abgesetzt werden, denn die Zucht ist mit großen Investitionen und hohem Arbeitsaufwand verbunden.
Der Markt für Korallenfische ist aber vergleichsweise klein. 

Es gibt, verglichen mit Süßwasseraquarianern, nur wenige Meerwasseraquarianer. Wenn nur wenige Exemplare, also ein paar hundert oder tausend pro Monat, abgesetzt werden können, werden sie verhältnismäßig teuer, teurer jedenfalls als Wildfänge. Für die Zierfischfänger, die normalerweise ja Speisefische fangen würden, sind oft auch aus unserer Sicht niedrige Preise noch ziemlich attraktiv, denn um mit Speisefischen das gleiche Einkommen zu haben, wären erheblich größere Stückzahlen und ein größerer Arbeitsaufwand nötig.