Das Tropische Meerwasser-Aquarium
Das Korallenriffaquarium ist heute die bei Privatleuten meistverbreitete Meerwasseraquarienart. Fortschritte im Verständnis des Ökosystems Korallenriff und technischer Fortschritt ermöglichen es heute, sich einen winzigen Ausschnitt aus der bunten Welt der Riffe nach Hause zu holen.
Korallenriffe (auch „Regenwälder der Meere“ wegen der sehr großen Artenvielfalt) sind, von hermatypischen (riffbildenden) Nesseltieren gebildete Riffstrukturen im Meer, die groß genug werden, um einen bedeutenden physikalischen und ökologischen Einfluss auf ihre Umgebung auszuüben. Es sind die größten von Lebewesen geschaffenen Strukturen der Erde. Die Gesamtfläche der heutigen Korallenriffe liegt bei 600.000 km², bei den Malediven erheben sich die Riffe bis zu 2200 Meter über den Meeresboden.
Betrieb eines Riffbeckens
Es gibt verschiedene Methoden, ein Meerwasseraquarium zu betreiben, z. B. das Berliner System, Jaubert-System, Deep Sand Bed, Zeolith-Methode, Schlammfilter oder Algenrefugium. Sie alle dienen vor allem dem Nährstoffabbau. Filter für die Wasseraufbereitung, wie sie in der Süßwasseraquaristik eingesetzt werden, haben sich nicht bewährt. Meistens übernehmen ein Eiweißabschäumer und lebende Steine die Filterfunktion.
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Eiweißabschäumer eines Meerwasseraquariums. Solche Abschäumer werden in der Regel im Technikbecken, unterhalb des Hauptbeckens untergebracht.
Abschäumer sind Geräte zur Wasseraufbereitung, die dem Aquarienwasser vor allem organische Abfallstoffe und angelagerte Substanzen auf physikalische Weise entziehen. Dazu wird in ein Rohr feinperlige Luft eingeblasen, an deren nach oben steigenden Bläschen sich Moleküle anlagern.
Alle Riffaquarien brauchen eine starke Beleuchtung, da die meisten der üblicherweise gepflegten Korallen in Symbiose mit einzelligen Algen, den Zooxanthellen, leben. Diese erzeugen durch Photosynthese aus Kohlendioxid und Wasser, Sauerstoff und organische Verbindungen, die der Ernährung der Korallen dienen. Früher wurden Metalldampflampen (HQI), optional mit blauen T5- oder T8-Leuchten kombiniert, oder reine T5-Beleuchtung verwendet. Heutzutage kommen meist Hochleistungs-Leuchtdioden (LED) zum Einsatz, sowohl ausschließlich als auch in Kombination mit T5-Leuchten, dann spricht man von Hybridbeleuchtung. Da die LED-Lampen in den letzten Jahren immer besser wurden, werden heute die meisten Becken ausschließlich mit LED beleuchtet.
Auf dem Bild:
Spezielle LED-Lampe, welche ein zur Haltung von Korallen geeignetes Lichtspektrum abgibt.
Neben der Beleuchtung ist eine starke Wasserbewegung nötig, für die verschiedenste Förder- und Strömungspumpen eingesetzt werden. Das Aquarienwasser sollte mindestens zehnmal in der Stunde komplett umgewälzt werden. Die Strömung ist notwendig, damit Stoffwechselprodukte der Lebewesen im Becken abtransportiert und Nahrung zu den Korallen und anderen Tieren transportiert werden kann. Außerdem ist eine Wasserbewegung, vor allem der Oberfläche wichtig um Sauerstoff in das Wasser einzutragen.
Auf dem Bild:
Strömungspumpe (oben rechts) im Korallenriffbecken des World Ocean Museums in Kaliningrad.
In Korallenriffaquarien sollte eine Temperatur von 23 bis 27 °C herrschen. Oft erzeugen die Pumpen sowie die Beleuchtung so viel Abwärme, dass eine zusätzliche Stabheizung wie in der Süßwasseraquaristik nicht nötig ist. In den Sommermonaten haben viele Steinkorallenfreunde Probleme mit der Wassertemperatur. Sie sollte 30 °C nicht übersteigen. Eine Temperatur über 30 °C hat verheerende Wirkung auf die Zooxanthellen. Diese beginnen abzusterben. Somit wird der Nährstofffluss zu den Korallenpolypen unterbrochen und die Koralle stirbt. In der freien Natur kann man diesen Vorgang schon in vielen Korallengebieten beobachten. Durch die Klimaveränderung beginnt sich das Meerwasser zu erwärmen und die Korallen sterben (Korallenbleiche). Übrig bleibt nur ein weißes Korallenskelett.
Fische
Heute werden in mit Korallen besetzten Riffaquarien vor allem Riffbarsche, Grundeln, Lippfische, Leierfische, Zwergkaiserfische und andere Korallenfische gehalten.
Doktorfische können nur in sehr großen Aquarien gehalten werden. Besonders beliebt ist der Gelbe Segelflossendoktor. Sie sollen als Pflanzenfresser die Algen kurz halten, die bei übermäßigem Wachstum Korallen überwuchern können. Zwergkaiserfische, Schleimfische und algenfressende Wirbellose wie einige Einsiedlerkrebse und Schnecken können in kleineren Aquarien die Algen kurz halten.
Anemonenfische gehören zu den Riffbarschen und werden ebenfalls häufig gehalten, da sie ein interessantes Verhalten zeigen. In reinen Fischaquarien können auch Falterfische, Drückerfische oder Feilenfische, die sich oft an Wirbellosen vergreifen, gehalten werden.
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Der Riffbarsch Chromis viridis, einer der beliebtesten Meerwasserzierfische
Die meisten der gehandelten Fische sind Wildfänge, die in Korallenriffen gefangen wurden. Ausnahmen hiervon sind Anemonenfische und Zwergbarsche, die in Aquafarmen gezüchtet werden können. Eine Zucht der meisten anderen Fische ist wegen winziger Larvenstadien und deren langer, planktonischer Lebensweise bisher nicht möglich. Es gibt allerdings einige Nachzüchter, die sich auf das Züchten von Meerwasserfischen spezialisiert haben, jedoch lohnt sich der Aufwand im Kosten-Nutzen-Verhältnis als Nebenverdienst wenig, trägt aber dazu bei, die Zahl der Wildentnahmen zu verringern.
Wirbellose
In der Riffaquaristik werden vor allem sessile Nesseltiere wie Steinkorallen, Weichkorallen, Krustenanemonen, Scheibenanemonen gehalten. Seeanemonen sind nicht mehr so beliebt, da sie oft im Aquarium umherwandern und festsitzende Wirbellose vernesseln. Weitere aquarientaugliche Wirbellose sind Einsiedlerkrebse, verschiedene Garnelen, Riesenmuscheln, Schlangensterne, Federwürmer und Kalkröhrenwürmer.
Besonders bei den Nesseltieren kann der Aquarienfreund auf ein breites Angebot im Aquarium vermehrter Tiere zurückgreifen. Einige Anbieter haben sich darauf spezialisiert, besonders farbige Steinkorallen zu vermehren. Einige Garnelen und Einsiedlerkrebse kann man inzwischen im Aquarium züchten.
Auf dem Bild:
Einsiedlerkrebse sind als Restevertilger beliebte Aquarienbewohner. Manche Arten können sich jedoch an Schnecken und anderen Beckenbewohnern vergreifen.
Steinkorallenhaltung
Steinkorallen sind meist riffbildend, da sie Kalk abscheiden. Schon seit dem Paläozoikum, seit etwa 500 Millionen Jahren also, existieren Steinkorallen. Sie haben maßgeblich an der Gestaltung unserer Erde mitgewirkt. Fast alle Steinkorallen leben innerhalb eines warmen Gürtels. Je kälter es wird, desto weniger Steinkorallenarten wird man finden. Meistens wachsen sie auch nicht in Tiefen unter 50 m, da sie auf Grund der Zooxanthellen sehr lichtabhängig sind. Steinkorallen können solitär, sozusagen als riesiger Einzelpolyp, oder in Kolonieform mit wenigen bis zu vielen Tausend Individuen leben. Steinkorallen sind empfindliche Organismen und nicht einfach zu pflegen, für Einsteiger sind sie nicht geeignet.
Das Becken sollte beim Besatz mit Steinkorallen sehr stabil sein und die Technik ohne Probleme funktionieren. Steinkorallen können somit erst nach mindestens sechs bis zwölf Monaten in ein neu eingerichtetes Becken gesetzt werden, wobei dieses nicht zu sehr von Weichkorallen dominiert sein darf. Steinkorallenbecken sollten wenig Fischbesatz aufweisen, damit sich durch die Fütterung und Ausscheidungen der Fische nicht zu viel Phosphat und Nitrat im Becken ansammeln. Am besten geeignet zur Vergesellschaftung sind Doktorfische, Korallenwächter, Schleimfische, Garnelen und Seesterne. Auf der anderen Seite ist Nitrat und auch Phosphat essentieller Bestandteil aller Lebewesen. Ein geringer Anteil muss immer vorhanden sein, da sonst jedes Wachstum stoppen würde. Die Kunst ist, auch diese Werte immer in einem vernünftigen Verhältnis zu halten.
Auf dem Bild:
Steinkorallen der Gattung Acropora im Aquazoo – Löbbecke Museum in Düsseldorf
Faktor Licht
Vor allem die Korallen sind durch ihre besondere Lebens- und Ernährungsweise auf ausreichend Licht angewiesen. Ihre Versorgung erfolgt normalerweise über Algen, die in ihrem Gewebe eingelagert sind und durch Photosynthese Energie zur Verfügung stellen. Manche Korallen hingegen bevorzugen abgedunkelte Standorte, weil sie sich nicht photosynthetisch ernähren, sondern Zoo- oder Phytoplankton zu sich nehmen. Wieder andere Tiere sind in Mittellichtzonen angesiedelt, grelles Licht würde unweigerlich zum Rückgang dieser Tierkolonien führen. Es ist somit sehr wichtig, die Lichtbedürfnisse der einzelnen Tiere zu kennen und im Meerwasserbecken zu befriedigen.
Fische sind nicht so empfindlich. Für ein Riffbecken kommen prinzipiell HQI-Lampen und T5 Leuchtstoffröhren in Frage. Für ein reines Fischbecken reichen Leuchtstoffröhren völlig aus. Mittlerweile stellt die LED-Beleuchtung eine attraktive Beleuchtungsmethode dar, welche neben geringerer Wärmeentwicklung auch im Lichtspektrum und in der Effizienz wesentlich besser abschneidet als HQI-Lampen oder Leuchtstoffröhren. 5-Röhren gibt es zwar auch in einem blauen Lichtspektrum, um damit die Fluoreszenz der Korallen zum Vorschein zu bringen, bei LEDs im Wellenlängenbereich von ca. 445 – 465 nm wird dieses Fluoreszenz-fördernde Spektrum aber erheblich besser erzeugt, sodass die Einführung von blauen LED eine Innovation in der Meerwasseraquaristik darstellt.
Auf dem Bild:
Ein frisch mit Korallenablegern eingerichtetes Riffbecken. Eine auf die Bedürfnisse der Korallen abgestimmte Beleuchtung ist unabdingbar um die kleinen Ableger zu großen Korallenstöcken heranwachsen zu lassen.
Faktor Strömung
Eine saubere Zirkulation durch geschickt angebrachte Strömungspumpen – jeder Teil des Beckens sollte zumindest zeitweilig durchströmt werden – hindert Schwebeteilchen, sich abzusetzen und vor sich hin zu „schimmeln“. Durch den Abschäumer, die mechanische Filtration und die filtrierenden oder Plankton fressenden Organismen werden diese gut entsorgt. Zudem werden die Abfallstoffe der Wirbellosen von diesen weggespült. Die Wasseroberfläche sollte immer in Bewegung sein, damit der Gasaustausch über die Oberfläche gut funktioniert und sich keine Kahmhaut auf der Oberfläche bildet. Mindestens 5- bis 10-mal pro Stunde sollte der Beckeninhalt umgewälzt werden. Am besten ist es, mit Wechselpumpen alle 6 Stunden die Richtung zu wechseln.
Um eine Strömung nachzuahmen, die den Wasserbewegungen am natürlichen Standort der Tiere entspricht, bietet der Fachhandel ausgeklügelte Pumpensysteme an.
- Powerhead-Pumpen; Ideal sind Power-head-Pumpen mit Filterwatte als mechanischem Schnellfilter, da sie billig und zuverlässig sind. Von Nachteil ist allerdings, dass sich die Elektrik im Wasser befindet und die Pumpen Wärme abgeben.
- Rücklaufpumpen; Wer eine starke Rücklaufpumpe aus dem Filterbecken hat, kann über entsprechende Abzweigungen auch darüber genügend Strömung erzeugen.
- Kunststoff-Magnetkreiselpumpen; Moderne Kunststoff-Magnetkreiselpumpen sind in der Lage, bei hohem Wirkungsgrad relativ geräusch- und wartungsarm zu laufen. Ihre Elektrik liegt außerhalb des Beckens und gibt keine Wärme ans Wasser ab.
Auf dem Bild:
Neben einer geeigneten Beleuchtung ist eine gute Durchströmung des Aquariums das A und O bei der Korallenhaltung. Strömungspumpen, wie hier an den Stirnseiten des oben gezeigten Beckens übernehmen die Erzeugung der benötigten Wasserumwälzung.
Faktor Wasserwerte
Um den Tieren Bedingungen bieten können, bei denen sie sich wohlfühlen, müssen regelmäßige Kontrollen der wichtigsten Wasserwerte durchgeführt werden. Viel Missgeschick entsteht durch Nachlässigkeit auf diesem Gebiet. Die Zubehörindustrie bietet mittlerweile die wichtigsten Testverfahren an, so dass es möglich ist, wesentliche Unregelmäßigkeiten zu erkennen und zu korrigieren. Wird ein mit der entsprechenden Technik ausgestattetes Aquarium richtig eingerichtet und besetzt, ist eine Grundlage dafür geschaffen, dass es auch auf Dauer zufriedenstellend funktioniert. Je länger ein Meeresaquarium in Betrieb ist, umso größere Probleme kann es mit manchen Substanzen geben. Bis jetzt sind bei weitem noch nicht alle Schwierigkeiten gelöst, aber gravierende Mängel lassen sich doch vermeiden. Die nachfolgenden Wasserwerte wird man unterschiedlich oft messen müssen, aber regelmäßige Kontrollen sind unerlässlich. Vor dem Einsetzen der Tiere muss das Aquarienwasser erst einmal auf seine Tauglichkeit hin geprüft werden. Wichtig sind folgende Wasserwerte: Ammonium/Ammoniak, Nitrit, Karbonathärte (Kh), pH-Wert, Temperatur, Dichte. Für einen dauerhaften Betrieb ist das Wissen über folgende Substanzen notwendig: Nitrate, Phosphate, Redoxpotential und Sauerstoff. Treten Schwierigkeiten auf und besteht der Verdacht einer Vergiftung, sollte man folgende Analysen in der angegebenen Reihenfolge durchführen: Dichte, Temperatur, Ammonium/Ammoniak, Nitrit, pH-Wert, Kupfer, Zink und Aluminium. Eine Behandlung mit Kupfersulfat ist nur in Verbindung mit einem Kupfertest sinnvoll.
Bei jedem Wassertest ist zu beachten, dass er genau nach den Herstellerangaben gelagert und verwendet wird. Alle ermittelten Messwerte und daraufhin durchgeführte Maßnahmen sollten in ein Messprotokoll eingetragen werden.
Weitere tropische Meerwasseraquarien-Typen:
Mangrovenaquarium
Im Mangrovenaquarium werden Bewohner der Mangrovenzone gehalten. Oft leben die Tiere amphibisch, halb an Land. Schlammspringer, andere im Flachwasser lebende Grundeln, Winker- und Landkrabben sind typische Bewohner. Das Aquarium kann mit Setzlingen der Roten Mangrove (Rhizophora mangle) bepflanzt werden. Dieser Aquarientyp lässt sich auch als Brackwasseraquarium verwirklichen.
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Mangroven-Aquarium bzw. Paludarium im Aquarium von Veracruz, Mexico
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Mangrovenbecken im Acuario de Sevilla, Spanien.
Aquarium für Großfische
In öffentlichen Aquarien und Zoologischen Gärten werden oft attraktive Großfische wie Haie, Rochen, Muränen, Zackenbarsche, Schnapper oder Stachelmakrelen gehalten. Bei sehr großen Anlagen können die Besucher oft in einem gläsernen Tunnel durch das Aquarium laufen. Es sind erhebliche technische Aufwendungen nötig, um das Wasser sauber zu halten. Dazu zählen sehr große Eiweißabschäumer, Rieselfilter und Sandfilter.
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Ein Extrembeispiel für ein Aquarium für Großfische ist das Churaumi Aquarium in Okinawa (Japan). Das Hauptbecken stellt mit rund 7,5 Millionen Litern die Hauptattraktion dar. Es ist das zweitgrößte Aquarium der Welt (nach dem Georgia Aquarium in Atlanta) und beinhaltet neben vielen kleineren Fischen, mehrere Mantarochen und Walhaie.
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Auch Großkaiser, wie der Königin-Engelfisch (Holacanthus ciliaris) werden, aufgrund ihrer Vorliebe für Korallenpolypen, meist in reinen Fischbecken gehalten.
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